Das Areal Bahnhof-Rosenau-Scherzligen

Areal Thun Bahnhof, Rosenau, Scherzligen

Bestehende Situation

Das Areal Rosenau Scherzligen ist über Jahrzehnte gewachsen. Einst endete die Eisenbahn beim Bahnhof Scherzligen. Das Areal ist trotz seiner zentralen Lage schwer zugänglich, der Uferweg wurde nach einer fast 20 Jahre dauernden Planung eine beliebte Spazierstrecke zwischen Bahnhof und Schadau. 

Die bestehenden Gebäude, die hauptsächlich im Besitz der Stadt Thun und der Post sind, werden günstig an Kulturschaffende und Kleinunternehmen vermietet. Die Post in der Rosenau schaut sich seit Jahren für einen neuen Standort um.
Der Schotterumlad  der Balmholz AG ist sicher noch bis 2027 in Betrieb. Die Eigentümerin (Frutiger AG) ist zusammen mit den anderen Eigentümerinnen (SBB, Post, BLS, Stadt Thun) längst an der Arealentwicklung dran. Die Planung wird über die Plattform ESP Thun Bahnhof koordiniert und durch das Planungsamt gesteuert. Gegen aussen wird wenig kommuniziert.
Der Stadtrat hat 2016 einen Verpflichtungskredit von 430‘000.- bewilligt (Gesamtkredit Plattform ESP: brutto CHF 916‘000). Dieser läuft im Jahr 2020 aus. Wie es weitergeht, wurde bisher nicht kommuniziert.

Variante 1: Marina

(Lohner Partner im Auftrag des Planungsamts, aktueller Stand)

Damit in den Plattformgesprächen über ein mögliches Szenario gesprochen werden kann, wurde von Lohner Partner zusammen mit Brügger Architekten eine Bebauungsstudie in Auftrag gegeben.
Die Idee sieht einen Abbruch der bestehenden Gebäude und die Verlegung der Seestrasse an das Gleisfeld vor. Parallel zum Schifffahrtskanal soll ein Wasserkanal ausgehoben werden woran die Stadtvillen stehen. Dies ermöglicht Mietwohnen in hohem Segment am Wasser, rückseitig und entlang vom Gleis Gewerbe im Erdgeschoss und Wohnungen im mittleren Segment. Wie der Nutzungskonflikt zwischen dem öffentlichen Raum entlang des Wassers und den teuren Wohnungen gelöst werden soll bleibt offen. 

Das Bild von Stadt ist in dieser Variante eines, das auf Monofunktionalität aufbaut. Gleichgesinnte gesellen sich zu Gleichgesinnten, die gute Lage ist nur wenigen vorbehalten. Die bestehenden Gebäude und die historischen Bezüge werden ausgelöscht.

Variante 2: Grossteilig

(Gegenvorschlag Andrea Roost, Juli 2019)

Die Variante Marina gab Andrea Roost 2019 den Anstoss, auf eigene Rechnung einen Gegenvorschlag auszuarbeiten. Er kritisiert den Kanal und sieht darin eine Explosion der Baukosten, was zur Folge hätte , dass die Wohnungen nur noch wenigen reichen Personen vorbehalten blieben. Er möchte eine höhere Durchmischung in einer Wohnsiedlung. Sein Vorschlag sieht den Abbruch der bestehenden Gebäuden und drei grosse, u-förmige Volumen vor. Die Gebäude bilden gegen die Geleise einen harten Abschluss und spannen gegen das Wasser grosse Grünflächen auf. Wohnen im Park am Wasser sein Bild. 

Diese Variante möchte ein Verzahnung von öffentlichem Raum entlang des Wassers und der Wohnsiedlung. Zu den Nutzungen werden keine Angaben gemacht. Diese Variante zeichnet ein Bild einer Vorstadt oder einer  Agglomeration. Stadtnahes Wohnen im Grünen, was stark an das Selveareal erinnert. Die Denkweise ist stark vom Städtebau der 80er Jahre geprägt: Geordnetes Nebeneinander von Gleichem. Auch hier werden die bestehenden Gebäude und die historischen Bezüge ausgelöscht.

Das grosse Verdienst von Andrea Roost ist das Anstossen einer Debatte.

Variante 3: Kleinteilig

(Masterthesis Jürg Bührer, Februar 2020)

Wie kann hier ein Stück Stadt entstehen? Dies war bei der Masterthesis von Jürg Bührer die zentrale Frage. Die Antwort: Was da ist, ist das Fundament dessen, was werden kann! Neben den Gebäuden verschiedenen Alters und ergo verschiedenen Erhaltungszustands, sind es auch die rund fünfzig Mietparteien, die ein lebendiges Gemisch von gewerblichen und kreativen Nutzungen geschaffen haben.

Dieses Gemisch soll mit zusätzlichen Nutzungen wie Wohnen, öffentliche Nutzungen (z.B. Stadthalle, Kultureinrichtungen, Schulen) und Gewerbe ergänzt werden. Städtebaulich ist diese Variante deutlich dichter als die anderen. Dies, weil das Verständnis von Stadt eines ist, das das Nebeneinander von Ungleichem sucht. Soll hier ein lebendiges Quartier entstehen, braucht es nach Jürg eine kleinteilige Strukturen mit einer hohen Heterogenität: teurere und günstige Wohnungen, Kultur, Gewerbe, alte und neue Gebäude. 

Das Vorbild ist hier die Altstadt, die über Jahrzehnte gewachsen ist. Stadt wird als Gemeinschaftswerk verstanden, welches sich aus vielen einzelnen Fragmenten zusammenfügt und ein Bild ergibt. Dabei wird ein offener Prozess, an dem Betroffene zu Beteiligten werden, als Schlüssel zum Erfolg gesehen.