Antworten der Mitglieder der SP Thun

Zusammenfassung der Antworten der Mitglieder der SP Thun

Das Gebiet Thun Bahnhof-Rosenau-Scherzligen wird in den nächsten Jahren stark umgebaut. Aus der Überzeugung, grosse Veränderungen im Stadtbild müssten breit und offen diskutiert werden, bevor Architekturbüros im Auftrag von Investoren die Fragen der Politik und Gesellschaft beantworten, hat die SP Thun das Versammlungsverbot in der Corona-Krise dazu genutzt, mit ihren Mitgliedern eine Onlinepartizipation durchzuführen. Das Ziel war dabei primär, Partizipation zu pflegen, den grossen Erfahrungs- und Wissensschatz der Mitglieder mit einzubeziehen und verschiedene Perspektiven zu diesem Entwicklungsschwerpunkt im Herzen von Thun zu sammeln. 

«Das Gebiet ist für die Stadtentwicklung von grosser Bedeutung – einmalig», wie eine teilnehmende Person in ihrer Antwort hervorhob. Es verbindet entlang dem Aarebecken die Verkehrsdrehscheibe und das urbane Zentrum Bahnhof Thun mit dem landschaftlich und kulturell bedeutsamen Schadau-Gebiet. „Es braucht für diese Gebietsentwicklung Prozesse, die dieser städtebaulichen Herausforderung mit den gegebenen vielfältigen Rahmenbedingungen Rechnung tragen.” 

Die SP Thun wünscht sich hier, wie es ein Mitglied für viele Wortmeldungen exemplarisch festhielt, „ein Gebiet, das schrittweise entstehen, sich verändern, sich an neue Bedürfnisse anpassen kann.“ Dazu gehört “vor allem ein unausgesetzter, niederschwelliger und diskriminierungssensibler Einbezug der Meinungen, Bedürfnisse, Anliegen, Wünsche und Utopien der Bevölkerung.”  Es müsse ein Innovations- und kommunikationsförderndes Umfeld geschaffen werden, in denen informelle soziale Netzwerke entstehen können,  aus denen heraus sich das Gebiet dann über Jahrzehnte bedürfnisorientiert weiterentwickeln kann.”

In vielen Antworten kommt der Wunsch klar zum Ausdruck, dass „die Geschichte sichtbar zu erhalten” sei, auf bereits Bestehendem aufgebaut werden soll und bereits bestehende Nutzungsangebote in die Entwicklungsvorhaben auf dem Gebiet integriert werden müssen. Als erhaltenswert genannt wurden bestehende Nutzungen, die bereits jetzt einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, darunter das Alternative Kulturzentrum AKuT, der Frachtraum, die Ludothek, der Caritasmarkt oder die Brocki. 

In vielen Antworten wurde gefordert, dass auch „bestehende Gebäude erhalten bleiben und nicht durchwegs durch teure Neubauten ersetzt werden, deren Nutzung sich dann nur einige wenige leisten können.” In ihnen steckt ein enormes Potential, eine Entwicklung und Aufwertung des Gebiets zu gewährleisten, das für alle und nicht nur für wenige gedacht ist. So dürfe nicht alles rein, sauber und durchgestylt sein” -– zu einer Stadt gehöre eben auch „immer eine gute Portion Patina und Hässlichkeit.”

In vielen Antworten wurde auf den Erhalt des Postgebäudes Rosenau gepocht. Das Gebäude sei zwar „ästhetisch nicht für alle ansprechend – schafft aber Identität.” Die Stadt könnte das Gebäude erwerben und hier fehlende, zentral gelegene Räume schaffen, die für diverse nicht kommerzielle Nutzungen und kulturelle Anlässe günstig oder sogar kostenlos gemietet werden können. Die Vorstellung solchen Raums gehen in Richtung eines „Volkshauses” oder „Generationenhauses”. Auch „Freiräume für Jugendliche” sollten auf diesem Gebiet Platz haben, „wo nicht jede Bewegung beobachtet und nicht bei jedem kleinsten Fehltritt interveniert wird. Solcher Freiraum muss nicht ‘geschaffen’ werden, sondern die Stadt müsste ihn entstehen lassen.” Es brauche „einfach etwas ‘Luft’ auch für Sachen, die nicht einfach in einem strukturierten und durchdachten neuen Stadtteil Platz haben. Sowas wäre dann eh tot, wie andere Beispiele zeigen.” 

Wichtig sind den Mitgliedern der SP Thun demnach „Raumangebote, die dann wirklich genutzt und belebt werden und nicht leer stehen.“ Die städtebauliche Lösungen „müssen einen urbanen Charakter aufweisen – mit einem hohen Anteil öffentlicher und publikumsorientierter Nutzungen und Zwischennutzungen.” Es gelte zudem „zu beachten, dass die Entwicklung hier ein nie abgeschlossener Prozess sein kann und immer in Bewegung ist, also stets einem Zwischenzustand entspricht.”

Verschiedenste „Zwischennutzungen“, „Ateliers” oder auch „Kleingewerbe” und „start-ups” könnten sich die SP Mitglieder auf dem Areal Rosenau-Scherzligen vorstellen. Viele wünschen sich hier „keine Luxuswohnungen”, sondern verschiedene Wohnformen in unterschiedlichen Preissegmenten inkl. günstigem Wohnraum, genossenschaftlichem Wohnungsbau und CO2-neutrales Wohnen. Ergänzt werden sollte dies vielen Antworten zufolge auch mit verschiedenen Kinderbetreuungsangeboten und kleinen Einkaufsmöglichkeiten. Mehrfach erwähnt wurde eine „Art Markthalle ob mit oder ohne Restaurants” mit einem „lokalen Warenangebot” und „Speisen und Kultur aus aller Welt.” Vorstellbar seien auch „Spielplätze, Sportplätze”, ein „Sport Park wie ein Indoor/Outdoor Rollorama”, ein „Kletterpark” oder eine „Jugendherberge”, „etablierte Kultur wie Theater oder Sommerabendkino”, „Beizli”, ein „Konzertlokal”, „ein Hauch vom früheren Selve Areal” oder sogar eine „Ausgehmeile à la Selve Areal in den 90er-Jahren», ein „neues Kunstmuseum, ein Hallenbad auf dem Dach mit Blick in die Alpen»…  Die Ideen sind vielfältig, deuten aber allesamt auf den Wunsch nach einem „bunten Miteinander mit viel Freiraum für kreative Ideen” und „ein lebendiges Quartier mit einem vielfältigen Nutzungsspektrum.”

Das Gebiet soll nach Meinung der Partizipierenden eher horizontal, als vertikal verdichtet werden – zugunsten von „Frei-, Grün und Spielflächen” und „zur Erholung für alle”. Das bahnhofsnahe Gebiet und der Zugang zum Wasser sei „unbedingt freizuhalten!” – mit „Raum zum Sein und Verweilen, mit Sitz- und Austauschmöglicheiten am Wasser ohne Konsumzwang», dafür aber vielleicht mit „kleinen Cafés” und „Buvetten”. Einige Mitglieder äusserten auch den Wunsch nach einer „Aareüberquerung” und dass das „Kleist-Inseli öffentlich zugänglich gemacht würde,” damit ein „attraktiver Rundgang entstehen” kann. 

Andere Visionen für die Gestaltung des öffentlichen Raums gehen in Richtung eines zentralen Marktplatzes oder “lebendigen Quartierplatzes (z.B. à la Museumsquartier Wien mit den Enzis).” Von besonderer Bedeutung sind für dieses Areal auch die Plätze rund um den Bahnhof. Sie sind die Visitenkarte der Stadt”, und sollten, so die einhelligen Antworten aller Partizipierender, architektonisch ansprechend und städtebaulich passend gestaltet werden” und attraktiv und einladend wirken.” Der öffentliche Raum soll der Allgemeinheit in bestmöglicher Form zu Verfügung stehen.” Es brauche Platz zum Verweilen und Warten”, mit Schatten, Bäumen, Sitzgelegenheiten etc. mit mehr Urbanität und nicht einfach nur Verkehrsfläche.” Öffentlicher Raum sei ein wichtiger Ort um soziale Kontakte zu pflegen. Bei einer Umgestaltung sollen auch Menschen am gesellschaftlichen Rand nicht verdrängt werden.

Gerade im Gebiet rund um den Bahnhof ist offensichtlich, wie eng die Nutzung des öffentlichen Raums mit Fragen rund um diskriminierungsfreie Zugänglichkeit, Verkehrsführung und unterschiedliche Fortbewegungsmöglichkeiten verknüpft ist. In der Onlinepartizipation sind verschiedene Visionen und Forderungen zusammen gekommen: genügend und gut nutzbare Veloabstellplätze; ein „unterirdischer Bus-Bahnhof”, fliessende Haltekanten” oder eine Verlagerung derselben an verschiedene Orte; möglichst  grosse verkehrsfreie Zonen, Beschränkungen und Verlagerungen von Autoparkplätzen und tendenziell eine für den motorisierten Individualverkehr gesperrte Seestrasse. Den Antworten nach zu urteilen haben für die Mitglieder der SP Thun vor allem kurze und hindernisfreie Wege Priorität, auf denen sich alle zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher fühlen können und die auch optimal auf die Bedürfnisse von Rollstuhlgängigen und Gehbeeinträchtigten ausgelegt sind.